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Dienstag, Mai 24, 2016

Nutzloser Bürgermeister

Ko Wen-je, einstiger hoffnungsvoller Newcomer, hat sich eine schöne Beschäftigungstherapie gefunden

Als der von der Taiwan-Unabhängigkeitspartei DPP unterstützte unabhängige Kandidat Ko 2014 Bürgermeister von Taipei wurde, hat er wegen seiner unkonventionellen Art - er selbst sagt, er habe das Asperger-Syndrom - viele Hoffnungen auf sich gezogen. Mit der Korruption der KMT wollte er aufräumen und Verkehrsprobleme lösen.

Der Verkehr ist natürlich immer noch so wie vorher, die KMT genauso sehr oder wenig korrupt wie sie schon immer war. Im Gedächtnis sind mir ein paar Dinge geblieben:

 Angefahrene Fußgängerin bei mir um die Ecke. Vor, während und nach Bürgermeister Ko das selbe wie immer


- Der unwichtige, aber sinnfreie Eklat mit einem britischen Regierungsmitglied, das ihm eine Tischuhr schenken wollte und Ko in ihrem Beisein erklärte, er könne sie an einen Schrotthändler geben. Schon klar, man soll "Chinesen" keine Uhren schenken, weil sie sonst rot anlaufen und sich beleidigt fühlen. Es sei denn man ist in Peking und es ist eine schweizer Nobel-Armbanduhr. Ko war sehr rot angelaufen.

- Die Leihfahrräder Taipeis sind etwas teurer geworden. Mir egal, ihre Benutzung ist eh lebensgefährlich.

- Jetzt wird das Benutzen der MRT (Metro/U-Bahn/Schwebebahn) teurer, weil die Ermäßigung auf die sog. "Jojo"-Karte (eine mit Geld betankbare Karte) wegfällt oder wegfallen soll.

- Ko ist in einem Endlosdisput um den Bau des "Taipei-Dome" mit der Baugesellschaft verstrickt, an der er ein Exempel wegen Korruptionsbekämpfung statuieren will und wo es nie vor oder zurück geht. Die aktuelle Pressemeldung (http://www.taipeitimes.com/News/front/archives/2016/05/24/2003646980) liest sich wie eine im Jahre 2014.

Hier ist eine Liste, was man in Taipei tun sollte. Aber das wird Ko alles NICHT machen.

* Tempo 30 vor Schulen einführen und kontrollieren.

* Enge Wohnstraßen mit spielstraßenähnlichen Konstrukten versehen oder wenigstens überall in engen Wohnstraßen Tempo 20 oder 30 einführen und kontrollieren

* Wenigstens bei Neubauten Autos in Tiefgaragen o.ä. verbannen und für mehr Bürgersteige sorgen, die es oft ja gar nicht gibt.

* Park- and Ride vor den Toren der Stadt anbieten, auch als PKW-Verwahrplatz für die Städter und die zusgeparkten bürgersteiglosen Gassen mit breiten gesicherten Fußwegen versehen.

* Für einen Katalysator plädieren oder für (aus Sicherheitsgründen nicht geräuschfreie) E-Motorroller statt der ewig stinkenden Zweitakter

* Dafür sorgen dass Manna und Bratwurst vom Himmel fallen

All das wird er sicher nicht machen sondern nur ein verkniffenes Gesicht weiter in die Kamera halten und vom Taipei-Dome schwadronieren.


Montag, Mai 23, 2016

Uhrenfreak im Land der arbeitsunwilligen Uhrmacher (Update)

Ein Dantesches Höllenszenario ist sicherlich, wenn einem gehörnte Leute bis in alle Ewigkeit glühende Metallspieße in den Allerwertesten stecken, während man langsam über einem kleinen Feuer röstet. Oder man lebt als Uhrenfreak in einem Land arbeitsunwilliger Uhrmacher. 

Ich hatte dem Tag, an dem ich in Taiwan einen Uhrmacher brauchen würde, schon länger mit Grauen entgegen gesehen, denn Taiwaner sind eher so die quick-and-dirty - Leute, wie man in der Softwareentwicklung (mein Fachbereich) sagt. Hauptsache schnell und eher einfach ehrlich gesagt - und schnell den heißgeliebten Dollar bringend, der als wahrer Gott Taiwans längst jeden hochverehrten Holzgott im Tempel ersetzt hat. Oder anders gesagt: Taiwaner denken in einstudierten Prozessen und mögen es nicht von diesen abzuweichen. Auch weil das mehr Aufwand und nicht so viel Ertrag im Verhältnis zum Aufwand entspricht.

 Ah jetzt verstehe ich: Der Uhrmacher hat den Slogan zu wörtlich genommen (Breil vergebe mir den Werbeklau)

Seit einiger Zeit fing meine Breil Milano, ein schweizer Automatik-Chronograph, mit Ärger an. Ich hatte ja einst das original Lederarmband, das praktisch eins mit der Uhr war, entfernt und gegen ein Kautschukarmband eines Parallelmodells ersetzt. In der Tat schien das Armband zu passen und gab der Uhr einen unverwechselbaren Look. Doch im Laufe der Zeit saß das Fremdarmband lockerer und lockerer und erst ein genauer Blick auf die Armbanddetails zeigte wieso: Das Originalband hat eine Metallnase (winzig klein), die unter das Gehäuse in eine Fuge passen will, doch das sonst passende Fremdband hat leider zwei. Die reiben sich im Laufe der Zeit ab und lassen das eigentlich wie verwachsen sitzende Band dann lose sitzen.

Nach ergebnislosem Herumfeilen am Armband versuchte ich nochmals ein Originalarmband zu bekommen, doch da war nichts zu machen. Breil hat da mit der Ersatzteilversorgung wohl nicht so viel am Hut. Sogar das nicht ganz passende Band war beim holländischen Bandverkäufer im Internet mittlerweile von 70 auf 140 Euro im Preis gestiegen, knappe Güter sind eben auch teuer. Folglich entschied ich mich für ein lächerliche 3.95 Euro kostendes Fremd-Lederband und erfreute mich wieder an meiner Breil. Bis sie die Tage einfach stehen blieb. Manchmal kommt man gegen die Entropie einfach nicht an, insbesondere wenn sie mit den taiwanischen Uhrmachern im Bunde ist.

Denn meine heißgeliebte Breil Milano ließ sich nicht mehr in Gang setzen. Trotz längerem Tragens, der ja das Schwungrad bewegen sollte. Auch Aufziehversuche brachten nichts. Erst brachte ich sie zu einem lokalen Brillenladen, der auch Uhren hat. Obwohl der schon beim Kürzen eines chinesischen Metallarbands bei einer Alpha aus Hongkong mal ein ähnlich gestresstes Gesicht gemacht hatte wie ich selbst: Die Armbandstifte mancher Glieder saßen da einfach trotz richtigem Werkzeug verteufelt fest. Trotzdem ist es ein schlechtes Omen, wenn die Fähigkeiten des Fachmanns nicht wesentlich über den eigenen liegen.

Derjenige öffnete mutig die Uhr, spielte ein bisschen an den mechanischen Teilen im schönen Uhrwerk herum und eröffnete mir dann, die Uhr sei "Swiss" und daher könne er da nichts machen. Exotische Bergvölker und ihre exotischen Produkte sind in Taipei-NeiHu eben doch nicht so ganz akzeptiert, das wurde schnell klar.

In der Nähe fand sich dann eine Filiale der Kette "Formosatimes", die offizielle Vertretung der Swatch-Group-Marke Hamilton ist. Ein gutes Omen, denn auch der Uhrwerkshersteller ETA, der das Herz meiner Breil (ein Valjoux 7750) baut, ist aus der Swatch Group. Dort war man jeodch wenig geneigt, sich meine Breil überhaupt anzusehen. Erst ein Hinweis auf "ETA 7750", also das Uhrwerk, ließ einen der beiden Uhrmacher sich erbarmen, mit der sowieso immer angesetzten Augenlupe durch den halb verglasten Rücken zu gucken und eine Weile an der Krone zu drehen. Kurz darauf reichte er mir die Uhr zurück und sagte fast schon empört etwas auf Chinesisch. Dank einer Kollegin hatte ich jetzt eine englische Übersetzung, denn so weit reichte mein Notfallchinesisch nicht. Was hatte den Uhrmacher so empört?

Ganz einfach, er hatte diagnostiziert, dass die Krone kaputt war. Nun ist die nicht wirklich kaputt, sondern nur etwas ausgeleiert und braucht etwas Druck beim Drehen, was höchstwahrscheinlich nichts mit dem Defekt zu tun hat. Aber ich ertappt mich dabei, mich richtig schuldig zu fühlen. Denn beide Uhrmacher und die Übersetzerin sahen mich nun vorwurfsvoll an. Wie konnte ich es wagen, solche Spezialisten hier mit einer kaputten Krone zu konfrontieren. Wie sollten die armen Menschen hier die Uhr reparieren, wenn sie auch noch kaputt war?

Erst da wurde mir der Irrsinn der irgendwie taiwahnsinnigen Situation klar. Ein schüchternes "Can you repair the crown?" entfleuchte meinen Lippen. Ginge nicht, sagte die Übersetzerin sofort, schließlich könne man die Krone nicht ordern. Ich wusste ja schon, dass Breil in Taiwan nicht vertreten ist. Allerdings kann man eigentlich an eine Uhr mit Standarduhrwerk wie meine auch eine andere passende Krone stecken. Aber irgendwie sollte ein solcher Vorschlag ja vom Uhrmacher kommen und ablehnend wie alle waren, fand ich es an der Zeit zu gehen. Man hatte offenbar keine Lust einfach irgendeine Uhr zu reparieren bei "Formosatimes".

Derzeit suche ich einen deutschen Uhrmacher und werde mir dann das Ding per deutschem Paketforwarder selbst zurück schicken. Eigentlich sind schweizer Uhren für die Ewigkeit gebaut, jedenfalls die automatischen. Und ich denke, womöglich braucht die Breil - aus den mittleren 2000er Jahren stammend - nur mal neues Öl und eine Reinigung. Und einen richtigen Uhrmacher eben. Der Neupreis - den ich nicht bezahlt habe - lag mal bei über 1000 Euro, EVP sogar 1600. Nur braucht auch so ein schon etwas teureres Ding eben mal fachgerechte Wartung. Worauf sie jetzt noch ein bisschen warten muss.

Nachtrag: Mir wurde ein Reparaturservice empfholen, der für Hublot und Tag-Heuer arbeitet. Abgesehen von den üblichen Bürozeiten stört mich da freilich der Gedanke, vielleicht doch wieder nur meine Zeit zu verschwenden. Ein deutscher Uhrmacher wird es dann wohl werden.

UPDATE: Die Uhr ist mittlerweile bei Watchart.com, einem Händler der Rolex und Konsorten hat und keine "billigen" Uhren. Dort hat sich ein Uhrmacher sofort der Uhr angenommen, sie 10 Minuten aufgeschraubt beäugt und diagnostiziert, dass sie nur einen "Full Service", im Wesentlichen also Ölen und Reinigen des Uhrwerks braucht. Kostenpunt 8000 NT aka 200 Euro, wie in Deutschland auch. Man sollte hier gleich zu den teuren Geschäften gehen und die arbeitsunwilligen oder arbeitsunfähigen simpleren Geschäfte vermeiden. Die Uhrmacher verhalten sich da ähnlich wie das Gesundheitswesen hier ;-)

Donnerstag, Mai 19, 2016

Ende Taiwan-Zeit(?): Rentenanspruch minimal (Update)

Gerade mal nachgerechnet.

Dies ist sicher auch ein Artikel, der zensiert werden wird, wenn ich in Deutschland noch mal auf Jobsuche gehen werde. Wie dem auch sei, wenn man wie ich 12 Jahre seines Arbeitslebens in Taiwan zugebracht hat, kann einem der Schreck in die Glieder fahren, wie lächerlich der Rentenanspruch ist.

Weiterführender Link:
Details zur Rente in Taiwan gibt es hier: http://osttellerrand.blogspot.tw/2015/05/ludigels-lustige-lenten-legende.html

Für die 12 Jahre würde ich wohl gerade mal 15.000 Euro bekommen als Einmalzahlung. Das auch nur wenn die Info auf den englischen Rentenseiten Taiwans wirklich korrekt ist und es nicht Rentenkürzungen eigenmächtig durch die Verwaltungsbeamten gibt, die in Taiwan im Wesentlichen tun können was sie wollen. Es sei denn man verklagt sie, aber wer will bei den erratischen Gerichten in Taiwan schon den Staat verklagen als "Bignose".

Nun muss man mal rechnen: Pro Jahr sind das gerade mal knapp 1154 Euro, wenn man davon ausgeht, dass ich nach Rentenerhalt mit 67 nur bis zum 80. Lebensjahr leben würde. Das wären dann pro Monat also gerade mal etwas über 96 Euro. Nicht gerade ein Vermögen.

Wie wenig das ist sieht man, wenn man sich vorstellt, man hätte statt 12 z.B. 36 Jahre zu diesen Bedingungen in Taiwan gearbeitet. Dann hätte man also das dreifache meines Wertes (sie zahlen ja hier pro Renteneinzahlungsjahr ein errechnetes Durchschnittsgehalt). Da komme ich auf gerade mal 288 Euro Rente im Monat.

Das würde ich also aus Taiwan erhalten, wenn ich hier 36 Jahre arbeiten und einzahlen würde (ohne dass mein Durchschnittsgehalt höher geworden wäre).

Sicher, theoretisch erhält man ab 15 Beitragsjahren eine monatliche Rente, die besser ausfallen würde (da käme ich auf 279*** Euro monatl. statt 96, wenn ich die 15 Jahre voll kriegen würde, was gerade bei erhoffter längerer Lebensdauer letztlich deutlich mehr ergäbe). Aber offenbar besteht die große Wahrscheinlichkeit, dass einem als Ausländer trotzdem (widerrechtlich) nur eine Einmalzahlung nach der niedrigen Durchschnittsgehalt-Formel gewährt wird - siehe Link ganz oben.

Hat sich also eigentlich nicht so ganz gelohnt, die Arbeit hier in Taiwan...


*** hier stand anfangs ein viel zu hoher Wert von 400 Euro oder mehr, der sich auf Weiterarbeiten bis nahe ans Anspruchsalter bezog 

Interessantes Update dazu, das optimistischer stimmt: http://osttellerrand.blogspot.tw/2016/06/rentenformel-bestatigt.html
http://osttellerrand.blogspot.tw/2016/06/rentenformel-bestatigt.html