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Montag, September 15, 2014

"Bambus-Gang"-Triade prügelt Polizisten zu Tode (Update 2)

Taipei ist sicher nächtens eine der sichersten Städte der Welt. Aber...

a) Zunächst die Fakten, soweit sie derzeit ersichtlich sind aus den Medien (http://www.appledaily.com.tw/appledaily/article/headline/20140915/36086010):  Offenbar hat sich ein junger Mann, dessen Vater mehrere Möbelfabriken in Taiwan besitzt, in einer Disco in Taipei im "ATT4FUN"-Komplex nicht wohl gefühlt am Wochenende. Offenbar hatte der junge Mann, der auf einem Foto in kurzen Hosen und mit den für viele männliche Taiwaner typischen blauen Strandlatschen an bloßen Füßen zu sehen ist, Verbindungen zu Taipeis "Bambusgang"-Triade. Organisiertes Verbrechen, das mit Wirtschaft und Politik (regierende KMT-Partei) und auch Polizei und Justiz verbandelt ist. Offenbar sind in der Folge um die 50 mit Schlagstöcken etc. ausgerüstete junge Männer erschienen, die eine Massenschlägerei angefangen haben.
Ein Polizeibeamter, offenbar in Zivil, hat versucht zu schlichten und ist von dem riesigen Mob erschlagen worden. Die Berichte über ein "Messer im Mund" des Toten erklären sich offenbar durch ein ungeöffnetes(!) Springmesser, das ihm von der Disco-Security in den Mund gesteckt wurde, um den Mund zum Atmen offen zu halten. Leider vergebens. Der Haupttäter ist verhaftet worden.

Nightlife in Taipei. Während Ludigel hier auf dem Dach des "W"-Hotels mit Junior (3) die Deko bewundert hat, wollten sich am Pool ein alkoholisierter Einheimischer und ein (gefühlter) Amerikaner betrunkenerweise an die Wäsche. Alk ist immer ein Problem. Oder eher die Leute, die ihn trinken.


b) Was haben Ausländer damit zu tun?
Der Haupttäter hat offenbar einen US-Pass, erscheint mit seinen Mafiaverbindungen und seinem "Schuhwerk" aber sicher sehr einheimisch. Ob die Taiwanpresse eine Ausländerhetze draus machen wird oder nicht, werden die nächsten Tage zeigen.

c) Ist Taiwan ein unsicheres Land? Mein Kommentar dazu ist immer wieder NEIN. Man kann nachts durch Taipei auch durch unschön aussehende Viertel laufen mit einer teuren Kamera um den Hals und es passiert einem einfach gar nichts. Straßenkriminalität gibt es fast gar nicht. Allerdings hat Taiwan eine deutlich höhere Rate an Mord- und Totschlag als z.B. Deutschland, was man u.a. mit Bandenkriminalität erklärt - mit der der Normalbürger aber so gut wie nie etwas zu tun bekommt.

d) Wird Taiwan durch Gangsterbanden regiert? Nicht wirklich, Taiwan ist eine parlamentarische Demokratie. Die Verzahnung der derzeit regierenden KMT und der Bambusgang ist aber ein episches Thema, das sicher nicht von der Hand zu weisen ist. Auch die DPP-Opposition soll nicht frei von Gangsterverbindungen sein, auch wenn mir persönlich der Filz da etwas freistilmäßig vorkommt (vgl. die hemmungslose Selbstbedienung des letzten taiwanischen Präsidenten Chen von der DPP).

e) Grund für Deutsche sich überlegen zu fühlen?
Eigentlich nicht. Deutschlands Politik ist sicher sauberer als die Taiwans. Aber immerhin sitzt der Expräsident Chen wegen seiner Taten im Gefängnis und Deutschlands Straßen sind weitaus weniger sicher als die Taiwans.

f) Was gibt es im Nachtleben zu beachten?
Gerade auch für Ausländer gilt, dass sie sich in Discos und Bars in Taiwan schnell Ärger einhandeln können. Ein Gespräch mit einer lokalen Schönheit reicht da offenbar schon, da gibt es viele Berichte drüber. Taiwaner sind höfliche Menschen die nach Konfuzius im täglichen Leben ihre Emotionen herunter schlucken und fast immer ruhig und gelassen bleiben. Nur der Alkohol lockert eben diese Gefühlkontrolle und aufgestaute Emotionen kochen nach oben. Und Nachtbars und Discos sind Mafiaterritorium, in denen sowieso die Banden und nicht das Gesetz regieren. Auch ein dunkelhäutiger (kanadischer) Ausländer sah sich laut Ausländerforum einst einem Mob von um die 50 "Gangstern" gegenüber, die ihn krankenhausreif schlugen, weil er einer Barschönheit zu nahe gekommen ist.
Bezüglich Prostitution gilt in Taiwan, dass Ausländer hier i.d.R. nicht gerne gesehen werden, vergleichbar wie in Japan. Ausnahmen sind etwa an Geschäftsleute gerichtete Anzeigen für Escorts in der Taipei Times.

g) Was soll das hier im Blog?
Nachricht? Gesprächtsthema im Ausländerforum. Diskussionen, ob der Haupttäter nun einer der ihren ist oder nicht, wie sicher Taiwan ist, etc. pp.

UPDATE: Um die Verwirrung in den Kommentaren zu mildern, der Tathergang war offenbar wie folgt: Ein Taiwaner, der noch einen US-Pass hat, hat sich mit anderen Besuchern in der Disco/Nightclub gestritten, flog raus und kam mit 50 (möglicherweise Bambusgang-nahen) Leuten zurück, um dem Club oder wem auch immer "eine Lektion zu erteilen". Zwei Polizeibeamte wollten schlichten und wurden von dem Mob angegriffen, wobei ein Beamter zu Tode kam. "Englischlehrer" haben damit nichts zu tun.
http://focustaiwan.tw/news/asoc/201409150007.aspx 

UPDATE2: Es wird mittlerweile untersucht, ob der getötete Polizist privat für den Nachtclub tätig war. Denn an seinem Todestag hatte er Dienstfrei und hat auch nicht um Verstärkung gebeten. Offenbar gibt es eine Vorgeschichte, bei der der getötete Beamte das Opfer einer Gewalttat in dem betreffenden Nachtclub bei einem älteren Vorfall "überzeugt" hatte, eine private Entschädigungszahlung anzunehmen und nicht gerichtlich gegen den Club vorzugehen. Mehr noch, die damalige Prügeltruppe soll von dem jetzt getöteten Polizisten angeführt worden sein. 
http://www.chinapost.com.tw/taiwan/local/taipei/2014/09/15/417256/Cop-beaten.htm
Der aktuelle tödliche Angriff auf den Beamten/Clubangestellten war möglicherweise ein Racheakt aus dem Milieu. Zusammengefasst also möglicherweise "Gangster-Business" von A bis Z.
Der Fall illustriert auch, wie sehr sich taiwanische Polizisten im Dunstkreis der Nachtbar-Gangsterkreise bewegen, vergleiche auch den Fall den unlängst wegen einer Todes-Trunkenheitsfahrt verurteilten pakistanischstämmigen Briten, bei dem das ermittelnde Polizeirevier auf der Gehaltsliste einer Bar stand, aus dessen Kreisen der zweite mögliche Fahrer des Tatfahrzeugs kam (http://osttellerrand.blogspot.tw/2014/06/schottland-liefert-todesfahrer.html).

5 Kommentare:

Miri hat gesagt…

Traurig...

Scheint ja aber noch etwas komplizierter gewesen zu sein. Stichwort Milgram, Zimbardo. Eine gefilmte Frau und einige andere Beteiligte sollen einen gruppendynamischen Prozess in Gang gebracht haben.

War am Wochenende auf der örtlichen, alljährlichen Malle-Party in einer Scheune. Zum Glück kam es dort nicht zur Massenschlägerei, als sich zwei Betrunkene gegenseitig kloppten, Tische umhauten und auch uns anrempelten, sondern Security, Polizei und der jeweilige Freundeskreis schafften eine Deeskalation. Trotz anscheinend gebrochener Nase bei dem einen,lief alles noch relativ glimpflich ab und artete auch nicht in eine Massenschlägerei aus. Überall auf dem Fest, auch draußen, Security, Polizei und aggressive Betrunkene. Der Veranstalter und die Polizei befolgten die gängige Präventionsstrategie, sodass sie immer gleich deeskalieren konnten.

"Ludigel" hat gesagt…

Jau, eine Xiaojie ist fast immer in der Eskalationsschraube mit drin, denn die Herren brauchen irgend etwas um sich aufzuregen. Was Zimbardo bedeutet, weiß ich freilic nicht. Ausländer stehen oft auf der falschen Seite des gruppendynamischen Prozesses in Taiwan, auch bei Kleinstreitereien rufen die Einheimischen oft viele Leute zu Hilfe, das sollte man nicht vergessen. Deswegen auch die Erwähnung hier, sind halt Gruppenwesen.

Anonym hat gesagt…

XindeLaoshi wrote:

Also wie jetzt, zwei Typen namens Milgram und Zampano (Amerikaner) gehen in eine Disse und filmen eine Frau. Und das hat das alles ausgelöst?

Miri hat gesagt…

Herr Ludigel, schauen Sie sich mal das Video an, sie hat sie mit einigen anderen zusammen angefeuert...

Da wollte man ihn mal wieder umerziehen und bilden und schwupps zieht er alles ins Lächerliche! Ich bin empört! ;-)

Ich finde die Taiwaner, die ich so kenne eigentlich ganz lieb und tolerant. Das könnte aber auch daran liegen, dass es alle (bis auf S.) Bekannte/Freunde von Kumpel N. sind. Und Kumpel N. ist auch sehr lieb. Ja und gerade als Gruppenwesen sind sie extremst sozial. O.K., sie vertragen im Gegensatz zu Kumpel N. kaum Alkohol, sie trinken deshalb allerdings zumindest hierzulande auch so gut wie keinen und schauen fasziniert zu, wie sich hier einige so richtig zusaufen und dann kollektiv danebenbenehmen auf den Feten.

"Ludigel" hat gesagt…

Ja, Taiwaner treten ja auch im Normalmodus lieb und nett und verblüfffend ruhig und gelassen auf. Man meint oft sogar, ihre Toleranz ist grenzenlos, wenn sie etwa ein hyperaktiver Chef so richtig zur Sau macht und sie ruhig bleiben. Lächeln nicht ganz so viel wie die Thais aber auch öfter. Und kichern, wenn sie etwas peinlich finden. Nur.... sie sind halt auch nur Menschen und dies konfuzianische Emotionenverschlucken geht halt auch nicht beliebig. Insbesondere wo direkte auch konstruktive Kritik hier praktisch verboten ist, des Gesichtwahrens halber. Irgendwann explodieren sie dann. Zu Hause bei der 1000. Kleinigkeit, oder die Herren bevorzugt wenn Alkohol oder Straßenverkehr enthemmt. Denn das Auto suggeriert wohl ein bisschen Allmacht, nicht nur in TWN, aber das lockert dann auch die Gefühlskontrolle. Und KAWUMM. Auch Gesichtverlieren kann das auslösen. Trotzdem erlebt man das sehr selten, das ist klar. Zum chin. Neujahr ein bisschen mehr, da sind alle aggressiver und auch manchmal angetrunken. Fast die einzigen Zonen, in den Ausländer hier Probleme mit Taiwanern kriegen, sind Straßenverkehr und Nachtleben. Da ich nie im Nachtleben zu finden bin habe ich nur 2x Straßenverkehrsdrama vorzuweisen in all den Jahren. Ein Ausgeflippter, der Sharon verprügeln wollte wegen Spurwechsel und den ich dann dazu brachte, wieder sin seinen veldammten Honda zu steigen, wobei ihn fast ein LKW-Spiegel erwischt hatte, weil der Idiot halb auf der rechten Fahrbahn parkte statt auf dem breiten Standstreifen. TaiwaHnwitzig die große Narbe, die er schon auf der Stirn hatte. Machte das wohl öfter. Sah aus wie ein lieber netter Bürotyp. Und der A..e, der meinen Parkplatz blockierte und mich dann buchstäblich überfahren wollte hinterher als Fussgänger.