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Mittwoch, Dezember 21, 2011

Ludigel und die Fahrstuhlnauten, Teil 3, Dritter Stock: Altweibelskirchen

Im Fahrstuhl des Mietshauses, in dem ich im 7. Stock wohne zu fahren ist mir ein Graus. Jedenfalls früh Morgens. Da hat man diese kinderreichen Familien, die dann alle so ultrafreundlich Grinsen, etwa die aus dem 5. Stock, die ihre Kinder immer auffordern, zu mir Hello zu sagen und zu winken und ich muss, verschlafen wie ich bin, immer den freundlichen Ausländer und Kinderclown spielen. Denn Ausländer sind nun mal Englischlehrer und da um mit den Kindern Englisch zu reden. Sie meinen es ja nett, aber wenn man müde ist, ist das freundlich sein und Zurückwinken schon eine halbe Strapaze. Oder die Diskussionen über mich, die ich halb verstehe. Kein Problem, aber irgendwie lerne ich kein Chinesisch mehr, damit ich die zweite Hälfte nicht auch noch verstehen muss vor dem Frühstück, denke ich manches mal.

 Lächelt nur noch ein paar Jahrzehnte: Mona Lee Hsa

Oder heute Morgen, der Fahrstuhl hält im 5. Stock, keiner steigt ein, dann im 3. Stock steigt eine ältere Dame ein, die mir gerade bis knapp über den Gürtel geht und mich abschätzig mustert. Dann nuschelt sie irgendetwas, während der Fahrstuhl in die gähnende Tiefe schleicht, was erstmal wie mmmm mmmm mmmm Uh lo mmm klingt. Ich antworte auf Deutsch "Wir schaffen das schon" und drücke auf den Tür-Schließen-Knopf. Im Erdgeschoss verabschiede ich mich dann höflich, während mein Hirn-Sprachprozessor mittlerweile die Datenbank "Ältere unfreundliche Frau mit Nuschelaussprache auf Mandarinchinesisch" gefunden hat und anfängt, ihr Gemurmele zu entschlüsseln. Im Kopf natürlich, ein Computer würde hier versagen. Wortlos entschwindet die Alte. Alte verhärmte Frauen sind sowieso immer unfreundlich zu mir und die jüngeren gut aussehenden höflich, das ist mir immer wieder aufgefallen. Die schick gemachten Älteren sind auch höflich. Was würde Schopenhauer dazu sagen, denke ich beim Gehen in die Tiefgarage. Und schreibt der sich mit einem oder mit zwei P?
Die Welt als Wille und Vorstellung. Also bestimmt der Trieb, als Teil des Willens nach Schopenhauer die Wahrnehmung von mir als Teil des individuell verschiedenen Weltbildes, womit Schoppi übrigens die moderne Philosophie begründet hat. Beim Aufschließen des Autos habe ich dann die Lösung. Sie hat gefragt, was ich im 5. Stock gemacht habe. Ahnt sie überhaupt, was das für eine fast schon philosophische Frage ist, die kleine Dame? Wie definiert man überhaupt "etwas im 5. Stock machen"? Reicht es etwa, im 5. Stock auf den Tür-Schließen-Knopf zu drücken, um "etwas zu machen", oder muss man dort Drogen verkaufen, uneheliche Kinder zeugen oder Fahrräder stehlen und unauffällig in die Hosentasche stecken um dort "etwas zu machen?"

Wie soll ich der kleinen verhärmten hässlichen Alten (Dame) das alles erklären am frühen Morgen? Das mit Schopenhauer versteht die doch nie...

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