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Donnerstag, Mai 10, 2007

Mein Kampf...

This article is only in German and tells my tale of my fight against.... ah well, what do you care, it is in German anyway. Please read the other articles - they are in both English and German or only in English...

Mein Kampf
gegen das Stottern. Teil 1

Stottern gilt nicht als richtige Behinderung, schließlich hat man kein zu kurzes Bein oder ähnliches, behindert aber im Alltag ungemein. Es hing mir wie die Pest am Hacken und behinderte beim Einkaufen, bei der Jobsuche oder auch beim Kennenlernen von weiblichen Wesen. Wie ein kleiner Sabotagekobold, der sich auf der nicht vorhandenen Hutkrempe eingenistet hat und meistens nur harmlos vor sich hin döst, der aber dann, immer wenn es besonders wichtig ist, plötzlich einen Holzhammer aus der Koboldjacke holt und einem so richtig was über den Schädel haut – mittem im Satz.
So habe ich ihn mir vorgestellt (Kostüm von Maskottchen-welt.de)



Man hat die geniale Eingebung, man ködert die Zuhörer (sei es auf einer Party oder einer politischen Veranstaltung) mit einer gekonnten Einleitung, fängt den einen zentralen Satz an, der alle mitreißen und überzeugen wird – und dann…. BUMM zieht der Kobold den Hammer, bei mir kommt nix mehr als St-st-st-stottern raus, alle gucken gelangweit oder auch ängstlich weg (Stottern kann beim Zuhörer regelrechte Panik auslösen) und der Moment ist vergangen. Irgendein anderer, doppelt so dumm und halb so involviert in die Materie wie man selbst hat dann einen faden Gedankengang, der eigentlich Bullshit ist, den er aber wunderschön klar formulieren kann. „War es das, was du meintest?“, fragt er mich dann gnädig. War es nicht, aber ich stimme entnervt zu, um das Ganze hinter mir zu haben. Notfalls ändert man seine Weltanschauung halt mitten im abgebrochnen Satz, wie Friedrich Thorberg (http://www.amazon.de/Tante-Jolesch-Untergang-Abendlandes-Anekdoten/dp/3423012668) einst schrieb, auch wenn er dabei mangelnde Sprachkenntnisse im amerikanischen Exil meinte.
Oh wie habe ich diesen Stotterkobold gehasst. Nichts half, ging ich zum Arzt, schickte der mich zur Logopädin. Das war eine rollkragentragende Volvofahrerin, die mit mir psychologische Sitzungen machte (ja, der runtergefallene Geburtstagskuchen im Jahre 1971 wird Schuld sein am Stottern) und in einer Gruppentherapie mit mir und anderen Stottern Ringelpietz mit Anfassen veranstaltete. Im wahrsten Sinne des Wortes. Hergott noch mal, mir ist es so egal wo es herkommt, ich will es weghaben. Mein Zahnarzt soll mir ja auch nicht erklären, ob der Karies von Hanuta, Snickers oder Lindt-Schokolade kommt, er soll ihn „wegmachen“. Einen Hauch Erleichterung brachte die Logopädie mir schon. Einer Logopädenschrift fasste das einmal so zusammen: Man stottert hinterher immer noch, aber man stottert entspannter. Mein Vater formulierte das einmal noch treffender zu: Das ist wie beim Bettnässer. Der macht nach der Therapie immer noch ins Bett, aber es macht ihm nichts mehr aus. Charmanter Vergleich.
Jahrelang stand das Stotterermännchen, wie ich den „Kobold“ nannte daher auf Nummer Eins meiner Staatsfeindeliste, meiner persönlichen TO-DO-Liste. Viele viele Jahre lang. Bis eines Tages der Fernsehpfarrer Fliege im TV verkündete STOTTERN IST HEILBAR. Meine volle Aufmerksamkeit war ihm sicher.
Im nächsten Teil: Stotterbedingte "Festungshaft" in Paderborn
Foto: Wikimedia


Die Euthanisierung des Stottermännchens, seine vollständige und bedingungslose Ausrottung ist allerdings ein Ding der Unmöglichkeit, jedenfalls wenn man älter als 12 Jahre ist. Aber in der Tat gibt es Mittel und Wege, dem kleinen Ding, wann immer er seinen Hammer hervorholen will, im Gegenzug einen mit dem Hackebeilchen überzusemmeln, dass ihm Hören und Sehen vergeht. Am Ende traut er sich dann garnicht mehr heraus. Und wenn doch, holt er sich ein blaues Auge. Verraten will ich noch nicht, wie das ging, denn die Mittagspause hier in Taiwan naht. Ich will nur soviel schon verraten, die Lösung ist eine ganz einfache, wie bei allen großen Problemen im Leben.
Heute bin ich übrigens praktisch stotterfrei...



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